Erste Befundungen

battistaAn meine allererste Befundung kann ich mich nicht mehr erinnern, aber an die große Unzufriedenheit hinterher. Am Mikroskop sitzen, reinschauen, noch mal Einsendeschein lesen, noch mal reinschauen. Unkenntnis. Ich hole ein Buch raus und lese. Schaue wieder ins Mikroskop. Immer noch Unkenntnis. Dann gehe ich zum Facharzt der mir alles erklärt, was zu sehen ist und wie die Diagnose lautet.

Wieder zurück am eigenen Platz muss ich dem feindlichen Diktiergerät was erzählen. Aber was? Ganz einfach, eine Beschreibung dessen, was ich mikroskopisch sehe! Ehrlich? Nein, eine fast unlösbare Aufgabe. Ein wenig Hilfe  finde ich in alten Befundtexten von Kollegen und durch eine Plattform mit Suchfunktion im Internet. Außerdem listet die Mikrobeschreibung Code-Wörter auf für verschieden Entitäten. Auch Wörter, die man besser nicht nutzt, weil sie in die falsche Richtung lenken.

Neue Fälle zum Befunden kommen, altes Spiel. Ins Mikroskop schauen, Ruhe bewahren. Erst mal orientieren, Übersicht verschaffen. Okay, Magen. Wo im Magen? Zur Sicherheit hole ich noch einmal das Histo-Buch raus. Welche Wandanteile sehe ich? Nur Mukosa und Submukosa. Dann schaue ich eins nach dem anderen genau an, finde aber absolut nichts Auffälliges. Irgendetwas muss ich übersehen. Ich gehe wieder zum Facharzt, der bestätigt: Normalbefund.

Mein nächster Fall ist wieder Magen. Dieses Mal ist dort allerdingst zuviel los, um das es sich um einen Normalbefund handeln kann. Ich hole das Buch raus und lese. Danach gehe ich zum Facharzt und teile ihm meine Überlegungen mit. Dieses Mal habe ich nicht schlecht gelegen, aber leider auch falsch. Bei der Freude etwas gefunden zu haben, habe ich etwas anderes komplett übersehen.

Nächster Fall Appendix. Juchu, ich jubele, vollständige Organquerschnitte erfreuen mein Anatomenherz. Aber worum geht es hier? Buch rausgeholt, lesen, alles klar. Ich schaue ins Mikroskop und nix ist mehr klar. Ich kläre einige Begriffe wie „phlegmanös“und „gangränös“, mikroskopiere ein weiteres Mal und wende mich an den Facharzt. Dieses Mal habe ich den Entzündungstyp korrekt erkannt, aber unglückliche Formulierungen gewählt und natürlich wieder was vergessen: die Serositis – wie konnte mir die entgehen?