Tatort Ludwigshafen: „Vom Himmel hoch“ zu den irdischen Forensik-Fakten

Tatort "Vom Himmel hoch"

Bild: SWR/Alexander Kluge

Lena Odenthalt und Johanna Stern ermitteln unter den Patienten des erschlagenen Psychiaters Dr. Steinfeld. Er behandelte Menschen mit Kriegstraumata, militärische Opfer ebenso wie Täter. Während der Ermittlungen erhärten sich zudem Vermutungen auf einen Attentatsversuch gegen einen US-amerikanischen Staatssekretär. Drohnen spielen eine spezielle Rolle in diesem Tatort.

Im Tatort „Vom Himmel hoch“ wird es sehr politisch, beim eigentlichen Mord tun sich aber ganz menschliche emotionale (Ab-)Gründe auf. Wie ist es um die gerichtsmedizinischen und forensischen Fakten der aktuellen Tatort-Folge bestellt. pathoblog.de befragt dazu die Sachverständigen Dr. Nicole von Wurmb-Schwark und Dr. Thorsten Schwark.

Die etwas putzwütige Kollegin von Dr. Steinfeld wischt im Flur der gemeinsamen Praxis Fußspuren aus getrocknetem Blut weg. Welche Beweise vernichtet sie damit bzw. was könnte aus blutigen Fußabdrücken tatsächlich gelesen werden?
Das liegt ja auf der Hand bzw. hier auf dem Boden. Wenn der Täter/die Täterin tatsächlich durch Blutspuren gelaufen ist, könnten durchaus wunderbar klare Spuren der Schuhsohlen auf dem Praxisboden verbleiben. Hier könnte man dann die Profile mit denen der Schuhe von Tatverdächtigen vergleichen. Beinahe noch einfacher wäre der Blutnachweis an den Schuhen und die genetische Typisierung. Nur derjenige, der am Tatort war und durch das Blut gelaufen ist, hat auch das Blut des Opfers an seinen Schuhen.

Als vermutliche Tatwaffe identifiziert Becker gleich eine Skulptur, die ein bisschen an Edward Munks „Der Schrei“ erinnert. Wie muss ein Gegenstand (Gewicht, Größe) beschaffen sein, damit ein Mensch damit erschlagen werden könnte?
Das hängt von sehr vielen Faktoren ab, zum Beispiel von der Stärke des Täters und der Wucht, mit der dieser die Tatwaffe führt. Und natürlich auch davon, an welcher Stelle der Schädel getroffen wird. Daher kann man hier kein Mindestgewicht oder Ähnliches angeben. Pokale, Statuen oder ähnliches müssen in vielen Krimis als Tatwerkzeuge herhalten und sind häufig zweifelsohne geeignet, tödliche Schädelverletzungen zu verursachen. Aber auch andere, alltäglichere Dinge eignen sich, unliebsame Personen aus dem Weg zu räumen, zum Beispiel (gefüllte) Glasflaschen.

Nach der Obduktion demonstriert der Gerichtsmediziner Lena Odenthal recht plastisch, dass Dr. Steinfeld zunächst mit einem Handkantenschlag „außer Gefecht gesetzt“ wurde. Woran lässt sich die Reihenfolge der Angriffe erkennen?
Hier hat der Rechtsmediziner möglicherweise Einblutungen in das Halsgewebe gefunden und dadurch einen Handkantenschlag rekonstruiert. Wenn direkt danach der tödliche Schlag auf den Kopf folgt, ist das im Rahmen der Obduktion nicht zu erkennen. Es ist hier wohl eher eine Frage der Logik gewesen und der Rechtsmediziner rekonstruiert, was am meisten Sinn ergibt (erst außer Gefecht setzen, dann mit dem stumpfen Gegenstand auf den Schädel).

Dr. Özcan hält den Täter für einen Profi. Wie lässt sich das aus der Art der Angriffe und der tödlichen Verletzung herauslesen?
Möglicherweise liegt das daran, dass sich nur Hinweise auf zwei Schläge (Handkante und Skulptur) zeigen. Der Täter hat also „nicht lange gefackelt“ und weder Zeit noch Kraft vergeudet. Das muss man auch erst einmal können. Ein Beweis aber ist das natürlich nicht.

Die Attentäter basteln aus Schwarzpulver und Nägeln eine Bombe und wollen diese per Drohne an ihren Bestimmungsort befördern. Wie realistisch ist dieses Szenario?
Heutzutage ist doch nahezu alles möglich. Oder? Mit den richtigen Anleitungen …

Gerichtsmedizinische und forensische Tops und Flops in „Vom Himmel hoch“

Was war Top an dieser Tatort-Folge?
Interessant waren die Joysticks, die doch etwas arg antiquiert erschienen und die Kollegin, die alleine loszieht und sich dann auch noch überwältigen läßt.

Was war der größte Flop an dieser Tatort-Folge?
Rechtsmedizinisch gab es leider sehr wenig zu holen und daher auch nicht so sehr zu kritisieren. Allerdings erscheint der Rechtsmediziner etwas sehr bemüht spleenig.

ForGen – Forensische Genetik und Rechtsmedizin am Institut für Hämatopathologie Hamburg

Zur Expertise von ForGen gehören Abstammungsanalysen sowie Spurenuntersuchungen und biostatistische Auswertungen – bei Mensch und Tier. Privatdozentin Dr. Nicole von Wurmb-Schwark ist geprüfte Fachabstammungsgutachterin der  Deutschen Gesellschaft für Abstammungsbegutachtung (DGAB) und Spurensachverständige. Thorsten Schwark ist rechtsmedizinischer Berater.

Das Team des Tatorts aus Ludwigshafen

Durchsetzungsstark, uneitel und mit einer starken Schutzschicht gegen Gefühliges ausgestattet, ermittelt Hauptkommissarin Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) seit fast 30 Jahren in Ludwigshafen. Ab 1996 stand ihr dabei Mario Kopper als Kollege und bester Freund zur Seite. Der gefühligere Gegenpart zu Odenthal wurde 2018 wegen Mafiaverbindungen aus dem Dienst entlassen und zog endgültig in die Heimat seiner Mutter nach Sizilien. Vollzeit wird er seitdem von Johanna Stern ersetzt, die 2014 zunächst sporadisch zum Team stieß. Zu den wiederkehrenden Nebenfiguren gehören der launige Rechtsmediziner Hakan Özcan und Kriminaltechniker Peter Becker.