Klinische Partner: Frau Dr. Ingrid Buck vom Holsteinischen Brustzentrum

Dr. med. Ingrid Buck

Dr. Ingrid Buck

Das MVZ Hanse Histologikum arbeitet mit unterschiedlichen klinischen Partner zusammen. Gemäß dem Instituts-Motto „Sehen – Erkennen – Handeln“ unterstützen die Pathologen ihre klinischen Partner, indem sie Gewebeproben untersuchen, Veränderungen sichtbar machen und fundierte Diagnosen erstellen. So unterstützen sie die Ärzte in der Auswahl einer optimalen Therapie. Zu den Kooperationspartnern gehört das Holsteinische Brustzentrum, an dessen Standort in Neumünster Dr. Ingrid Buck die Leitung inne hat. PathoBlog.de hat mit ihr darüber gesprochen, welchen Anteil die Pathologie in der modernen gynäkologischen Onkologie trägt.

Das Brustzentrum am Friedrich-Ebert-Krankenhaus in Neumünster zeichnet sich durch eine spezialisierte auf die Patientinnen zugeschnittene Betreuung aus. Unter der Leitung von Oberärztin Dr. Ingrid Buck arbeiten in dem berufsübergreifenden Team: eine Pflegespezialistin (Breast-Care-Nurse), eine onkologische Fachkrankenschwester, verschiedene Ärzte, eine Psychoonkologin, eine Physiotherapeutin, der Sozialdienst, eine Studienassistentin (Study-Nurse) sowie eine Dokumentarin. Gemeinsam nehmen sie sich der Patientinnen an und bemühen sich jeden Aspekt der Krankheit abzudecken. Bei der Diagnose von Gewebsveränderungen und einer möglichen Therapie arbeiten Dr. Buck und ihr Team eng mit den Pathologen vom MVZ zusammen.

Als Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe absolvierte Dr. Buck eine Zusatzausbildung in gynäkologischer Onkologie. Neben Brustkrebs gehören dazu auch detaillierte Kenntnisse aller Therapieformen und Behandlungsleitlinien anderer Karzinome wie Gebärmutterhalskrebs oder der äußeren und inneren Genitalien. „Ich habe mir eine Nische gesucht“, erläutert die Oberärztin, „in der ich mir einen kleinen Bereich so gestalten kann, wie ich das möchte – etwas außerhalb der regulären Klinikmedizin. Unsere Zielsetzung geht in Richtung ganzheitliche Betreuung, auch wenn das ein Modewort ist.“

Pathologie hat ganz hohen Stellenwert

Prof. Dr. Katharina Tiemann

Prof. Dr. Katharina Tiemann

Anders als früher wird die Pathologie im Brustzentrum sehr früh einbezogen. Kam in der Vergangenheit eine Patientin mit einem ertasteten Knoten in die Sprechstunde, folgten in der Regel eine Mammographie, ein Ultraschall und anschließend eine Operation. Heute werden mittels einer Stanzbiopsie unter Ultraschallkontrolle fünf Gewebeproben entnommen, sofern der Knoten einwandfrei unter dem Ultraschall sichtbar ist. Anschließend senden die Ärzte die Proben auf dem schnellsten Weg in die Pathologie.

„Wir haben mit dem MVZ und Frau Prof. Dr. Tiemann vereinbart, dass bei einem Krebsverdacht sehr zügig untersucht wird“, schildert Dr. Buck die Zusammenarbeit. Innerhalb von ein bis zwei Tagen ermitteln die Pathologen mittels konventioneller Histologie, ob es sich um Brustkrebs handelt oder nicht. „Dieser schnelle erste Befund ist besonders wichtig für die Patientin“, erläutert die Gynäkologin. „Ergibt die Gewebeuntersuchung: ‚Es liegt kein Krebsverdacht vor‘, kann sie beruhigt aufatmen.“ Manchmal muss auch ein gutartiger Knoten entfernt werden. Die fehlende Krebsdiagnose entlastet trotzdem sehr. Frau Dr. Buck versichert: „Die Pathologie hat heute in der gynäkologischen Onkologie einen ganz hohen Stellenwert.“

In bestimmten Fällen schließt sich Dr. Buck nach dem Eintreffen des Befunds noch einmal mit dem MVZ kurz. „Haben wir Proben eines Knotens entnommen und die Pathologen finden ganz normales Brustdrüsengewebe vor, stimmt etwas nicht“, äußert sie selbstkritisch. Um abzuklären, ob bei der Biopsie tatsächlich Proben der veränderten Zellen entnommen wurden oder das Gewebe nur stark verdichtet ist, greift sie zum Telefonhörer. „Wir arbeiten bei der Stanzbiopsie im minimal-invasiven Bereich, da ist trotz hoher Standards und großer Erfahrung jede Überprüfung zum Wohle der Patientin gerechtfertigt“, stellt sie klar. „Der pathologische Befund kann nur so gut sein, wie die Fragestellung, die wir auf der Probe erheben. Eine Rücksprache bringt Klarheit, deshalb sind mir der kurze Draht und der Austausch so wichtig.“

Zusätzliche immunhistochemische Verfahren bei Brustkrebs

ImmunhistochemieLautet die Diagnose „Brustkrebs“, betrachtet der Pathologe das Gewebe genauer unter dem Mikroskop. Für das Grading beurteilt er, wie sehr sich die Tumorzellen von gesunden ausgereiften Zellen unterscheiden, und gibt diesen Grad in drei Stufen von G1 bis G3 an. Bei außergewöhnlichen Tumortypen kann selten auch ein Grad 4 vergeben werden. Je höher der Grad, desto größer ist der Unterschied zum Normalgewebe, umso aggressiver und schneller wächst das Karzinom.

Die Mitarbeiter am MVZ untersuchen die Proben zusätzlich mittels diverser immunhistochemischer Verfahren. Diese brauchen mehr Zeit als die konventionelle Histologie. Routinemäßig werden Mammakarzinome auf bestimmte Hormonrezeptoren untersucht. Die Rezeptoren reagieren an der Körperzelle auf Außenreize und öffnen sie so für deren Einflüsse. Gerade beim Brustkrebs spielt es eine entscheidende Rolle, ob das Wachstum der Tumorzelle durch die Hormone Östrogen oder Progesteron angeregt wird. Auch der HER2/neu-Rezeptor spielt eine wichtige Rolle. An ihm dockt ein Eiweiß an, das die Zelle wachsen lässt. Ist die HER2/neu-Aktivität stark erhöht, kann eine Antikörpertherapie das Wachstum stoppen oder zumindest verlangsamen.

Tumor-Therapie zunehmend individuell abgestimmt

Patientinnen mit einer Krebsdiagnose werden in der gesamten Onkologie – auch in der gynäkologischen – zunehmend individuell therapiert. Dr. Buck erläutert: „Beim Brustkrebs gibt es eine große Spannbreite zwischen einem ‚Haustierkrebs‘, mit dem sich der Körper einfacher arrangieren kann, und Krebserkrankungen, die hoch aggressiv sind. Entsprechend unterschiedlich müssen sie auch behandelt werden.“ Bereits beim ersten Auftreten eines Mammakarzinoms dienen die zusätzlichen immunhistochemischen Untersuchungen dazu, die Therapie strukturiert zu planen und festzulegen.“ Je nach Charakter der Tumorzellen – schnell-wachsend oder mit speziellem Anti-Gen behaftet – benötigt die Patientin eine extra auf sie abgestimmte Chemotherapie“, führt die Gynäkologin weiter aus. „Die 28-jährige Patientin mit einem hoch-aggressiven Tumor benötigt eine völlig andere Therapie als die 80-jährige mit einem langsam wachsenden. Während letztere vielleicht gar keine OP oder Chemo braucht, muss die jüngere womöglich schnell operiert und anschließend ein Jahr lang mit Chemo- und Anti-Hormon-Therapie behandelt werden.“

In der wöchentlichen Tumorkonferenz des Holsteinischen Brustzentrums mit den Standorten Heide, Rendsburg, Itzehoe und Neumünster werden alle Fälle aus den einzelnen Häusern durchgesprochen. Per Videokonferenz stimmen sich die Experten ab, beraten die teils sehr komplexen Fälle und entscheiden gemeinsam über die jeweilige Therapie. Mindestens ein Pathologe nimmt an der Konferenz und den Beratungen teil, gibt seine Einschätzung ab und erläutert die pathologischen Ergebnisse.

Weitere Einsatzbereiche der Pathologie

Sind bei einem Patienten bereits Metastasen aufgetreten, kommt die Pathologie ebenfalls ins Spiel. Die Tochter-Geschwulste lassen Rückschlüsse auf den Primärtumor zu. Diese Erkenntnisse entscheiden mit über die Erfolgsaussichten einer Behandlung. Immunhistochemisch können mehr als 100 Marker eingesetzt werden, um genau festzustellen, wo der Ausgangspunkt der Krebserkrankung liegt. In einem solchen Fall bespricht sich Dr. Buck immer wieder mit den Pathologen. Gemeinsam überlegen sie, welche Untersuchung noch eingesetzt werden kann, um dem Ursprung auf die Spur zu kommen.

„Es gibt Frauen, bei denen aufgrund eines Tumors das komplette Brustdrüsengewebe entfernt werden muss. Häufig stellt sich dann die Frage: Können wir die Brustwarze erhalten? Auch in diesem Fall kommt es auf die Pathologie und auf den vertrauensvollen Austausch miteinander an“, beschreibt Dr. Buck ein weiteres Einsatzgebiet, auf dem das MVZ unverzichtbar ist. „Wir klären dann: Wie sehen die Resektionsränder aus? Wie viel Sicherheitsabstand zum Tumorgewebe bleibt beim Eingriff? Da geht nichts nach Schema F. Das müssen wir persönlich und ausführlich besprechen.“

Auch in der Brustkrebs-Vorsorge spielt das MVZ eine Rolle. „Mittlerweile ist bekannt, dass genetische Einflüsse bei Brustkrebs mitspielen können“, führt Dr. Buck aus. In Deutschland gibt es deshalb – meist angeschlossen an die Uni-Kliniken – Zentren für familiären Brustkrebs. Junge Frauen werden dort nach einer Diagnose in der Tumorrisikosprechstunde beraten. Die Veranlagung kann durch genetische Bluttests überprüft werden. Liegt ein Tumor vor, bestimmt die Pathologie deren Typ. Alle Informationen dienen der Patientin dazu, fundiert über den weiteren Umgang mit ihrer genetischen Vorbelastung entscheiden zu können.

Für die Zukunft sieht Dr. Buck noch weitere wichtige Erkenntnisse in der Zusammenarbeit mit der Pathologie und neue vielversprechende Verfahren auf uns zukommen: „Wir wissen heute, dass im Blut Tumorzellen zirkulieren. Auch zellfreie DNA lässt sich dort nachweisen. Welche Bedeutung sie für die Prognose und Therapie haben, wissen wir allerdings noch nicht“, führt sie aus. Die Zuversicht, dass sich diese Fragen in absehbarer Zeit klären lassen, ist der Gynäkologin anzumerken.

Zusätzliche Verfahren können Leben retten

An einen Fall, indem die Pathologen vom MVZ eine besonders wichtige Rolle gespielt haben, erinnert sich Dr. Buck sehr gut. Eine jüngere Frau mit mehreren Kindern erkrankte an Brustkrebs. Immunhistochemisch war das Mammakarzinom triple negativ – hoch-aggressiv. „Es ließen sich keine Hormonrezeptoren und kein HER2-Antigen nachweisen“, erklärt Dr. Buck. „Zusätzlich litt die Frau an einer Angststörung, was ihre Reaktion auf den Tumor und die Angst vor einer Therapie beeinflusste.“ Die primäre Behandlung hat sie dennoch gut überstanden, das Karzinom verschwand. Zwei Jahre später traten Metastasen im Knochen auf. „Früher wären wir ohne die zwischenzeitlich entwickelten Verfahren davon ausgegangen, dass die Metastasen den gleichen Charakter wie der ursprüngliche Tumor haben. Wir entnahmen erneute Proben und die Pathologen untersuchten sie genauesten mit immunhistochemischen Verfahren. Und siehe da: Die Metastasen waren hormonempfindlich. Die Patientin brauchte keine weitere Chemo, was für sie sehr erleichternd war.“ Ein Fortschritt in der Forschung und zusätzliche pathologische Methoden halfen so einer jungen Mutter und ihrer Familie, die Diagnose Krebs gut zu bewältigen.

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