BRAF-Mutation – nun auch beim NSCLC eine Therapieindikation

BRAF-Mutationen beim Lungenkarzinom sind seit langem beschrieben und in der Hämatopathologie Hamburg führen wir für einige Einsender bereits seit Jahren die BRAF-Analyse durch – aus wissenschaftlicher Neugier, aber auch weil einige Einsender trotz fehlender therapeutischer Indikation den BRAF-Status anforderten. Seit April 2017 gibt es nun für Patienten mit fortgeschrittenem kleinzelligem Lungenkarzinom (NSCL) und einer BRAF-V600-Mutation eine zugelassene Kombinationstherapie aus einem BRAF-Inhibitor und einem MEK-Inhibitor als Secondline-Option.

In den letzten zehn Jahren haben sich die technischen Möglichkeiten des NGS rasant entwickelt. Dies hat dazu geführt, dass neue Treibermutationen entdeckt wurden, die Tumoren einen Überlebensvorteil verleihen und die zum Teil auch therapeutische Ansatzpunkte bieten – das Paradebeispiel ist die Inhibition des epithelialen Wachstumsfaktor-Rezeptors (EGFR) durch Tyrosinkinase-Inhibitoren (TKI). Die Zeit der signifikanten Neuentdeckungen – sie glich einer Goldgräberstimmung – scheint jedoch vorbei, denn die häufigsten Treibermutationen sind jetzt bekannt, wenn auch nicht alle therapierbar. Mit der Entdeckung, dass auch beim NSCLC die Mutation BRAF-V600 und somit ein weiteres therapeutisches Ziel beim Lungenkrebs vorliegt, führt dazu, dass noch eine weitere kleine Gruppe von Patienten von einer zielgerichteten – besser gesagt molekular stratifizierten – Therapie profitieren können.

BRAF-Mutation beim metastasierten Lungenkarzinom

Trotz der Möglichkeiten des NGS bleibt nach wie vor ein Teil der Lungentumoren vorerst ohne eindeutigen Treiber. Selbst mit whole genome NGS-Analysen von Lungentumoren ist es nicht möglich, bei jedem spezifischen Tumor eines Patienten eine Treibermutation zu beschreiben, die entscheidend für das Tumorwachstum ist. Wahrscheinlich lassen weitere Mechanismen wie epigenetische Veränderungen (z.B. Promotorhypermethylierung), den Tumor ebenfalls wachsen. Diese Mechanismen entziehen sich jedoch bislang der routinediagnostischen Analyse.

Im Rahmen einer Diplomarbeit am HPH entstand ein Überblick der Mutationsverteilung beim metastasierten Adenokarzinom der Lunge, nachgewiesen mit unserem herkömmlichen NGS-Panel (Abb.1).

Abb.1 Mutationsverteilung in 50 Adenokarzinomen der Lunge; Datenerhebung im Rahmen einer Diplomarbeit (HPH) anhand unseres internen Lungen-NGS-Panels.

Abb.1 Mutationsverteilung in 50 Adenokarzinomen der Lunge; Datenerhebung im Rahmen einer Diplomarbeit (HPH) anhand unseres internen Lungen-NGS-Panels.

Seitdem wir in unserem Institut das Hybrid-Capture NGS durchführen, identifizieren wir vermehrt seltene Translokationen, wie z.B. ALK und ROS und können somit mehr Patienten einer wirksamen TKI-Therapie zuführen.

BRAF-V600E – neue therapierbare Treibermutation auch beim Lungenkarzinom

Seit etwa sechs Jahren werden BRAF-Inhibitoren erfolgreich beim malignen Melanom eingesetzt. Patienten mit BRAF-V600E/K-mutierten Hauttumoren profitieren von dieser Therapie mit zum Teil langanhaltenden Remissionen. Beim Melanom liegen die BRAF-Mutationen mit 40-50 % relativ häufig vor (Abb. 2a).

Mutation beim Melanom und beim Lungenkarzinom

Abb. 2 a und 2b: Häufigkeit der BRAF-Mutation beim Melanom und beim Lungenkarzinom (Datenanalyse HpH)

Anders beim Lungenkarzinom: Mit etwa 2% sind BRAF-Mutationen sehr selten (Abb. 2b). Hier wirken auch die BRAF-Inhibitoren nicht ansatzweise so gut wie beim Melanom und waren deshalb bisher für diese Indikation nicht zugelassen. Die Kombination BRAF-Inhibitor und MEK-Inhibitor ist jedoch wirksam, wenn bei einem NSCLC Mutationen im Codon V600E vorliegen, wobei die V600K bei der Lunge praktisch nicht vorkommt. Beide Substanzen wirken jeweils an einem Schritt des EGFR-Signalwegs (Abb. 3). Eine Mutation im MEK muss für den Einsatz dieser Kombinationstherapie nicht vorliegen.

Angriffspunkte von Dabrafenib und Trametinib

Abb. 3: EGFR-Signalweg und therapeutische Angriffspunkte von Dabrafenib und Trametinib

Dass die Kombination des BRAF-Inhibitors Dabrafenib und dem MEK-Inhibitor Trametinib beim BRAF-600-mutierten NSCLC wirksam ist, zeigte sich in einer Phase-II-Studie mit einer Gesamtansprechrate von 63% [1] – das kommt der Ansprechrate unter EGFR-Inhibitoren in der Firstline-Therapie mit etwa 70% sehr nahe. Die Toxizität war trotz Kombination vertretbar und das Therapieansprechen zum Teil länger andauernd.

Die Subgruppe der NSCLC-Patienten mit einer BRAF-Mutation ist sehr klein: Unter den 2% der NSCLC-Patienten, die unserem Kollektiv eine BRAF-Mutation aufwiesen (14 von 715 Patienten), war nur bei sechs eine BRAFV600E nachweisbar. Internationale Studien bestätigen die relative Seltenheit der BRAFV600E.  Dennoch ist die Zulassung als Erfolg zu werten, denn bei ca. 50 000 Lungenkrebs-Neuerkrankungen pro Jahr in Deutschland bedeutet dies, dass immerhin etwa 500 Patienten pro Jahr von dieser Therapie profitieren können.

BRAF-Mutationen wurden zu Beginn zunächst mittels Realtime-PCR nachgewiesen, heutzutage gilt weitgehend die NGS als Standard. Gundsätzlich ist die BRAF-Testung aber auch an der Liquid Biopsy durchführbar.

Literatur

[1] Planchard D et al. Dabrafenib plus trametinib in patients with previously treated BRAFV600E-mutant metastatic non-small cell lung cancer: an open-label, multicentre phase 2 trial. Lancet Oncol 2016; 17: 984-93.